Gefördert durch das Bundesbildungsministerium und einzelne Städte konnten das bundesweite Projekt 1998 gestartet und in der Bundeskunsthalle in Bonn im Jahre 2000 prominent ausgestellt werden. Über 60 Studierende waren an diesem Vorhaben beteiligt. Aus dieser Ausstellung entstand mit Hilfe der Kulturstiftung der Deutschen Bank eine englischsprachige Wechselausstellung, die in Israel, USA und 2017 in Kanada gezeigt wurde. 2019 kehrte die Ausstellung nach Deutschland zurück und war von April bis Juni 2019 im Stadtmuseum Paderborn zu sehen. Nun soll sie dauerhaft ihr Domizil in Frankfurt erhalten. Als Ort hierfür ist der Bunker an der Friedberger Anlage vorgesehen. Er wird als Gedenkort durch die „Initiative 9. November“ betrieben und beherbergte in zwei Stockwerken bereits verschiedene Ausstellungen zur NS-Zeit oder jüdischer Geschichte mit Schwerpunkt auf Frankfurt. Geplant ist, das zweite Obergeschoss für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die virtuellen Synagogen dort zu präsentieren.
Kern der Ausstellung sind digitale Bilder und animierte Kamerafahrten, die die einstige Pracht der Synagogen zeigen. Gleichzeitig erinnert sie an die Umstände der Zerstörung und die Vertreibung und Ermordung der Juden in Deutschland. Eingeleitet wird die Ausstellung mit einem Überblick zur Geschichte jüdischer Sakralarchitektur vom Tempel in Jerusalem bis hin zu den Bauten im 20. Jahrhundert in Deutschland. Hierauf folgen die drei Bereiche „Wahrnehmung“, „Eskalation“ und „Rekonstruktion“.
Der Bereich „Wahrnehmung“ besteht aus hohen, dunklem Plexiglasstelen, auf denen von 1933 bis 1938 erlassenen Verordnungen und Gesetze gegen Juden zu lesen sind. Die Elemente sind so angeordnet, dass sie eine räumliche Verengung ergeben, analog zur damaligen Zuspitzung für die jüdische Bevölkerung.
Hierauf folgt der Bereich „Eskalation“ – Wandelemente mit den Namen von über 1.000 Städten, in denen Synagogen zerstört wurden sowie Bilder brennender und verwüsteter Synagogen.
Der nachfolgende Bereich „Rekonstruktion“ ist der Kern der Ausstellung. Linear angeordnet thematisiert er nacheinander Synagogen aus verschiedenen Städten. Auf der einen Seite befindet sich die Darstellung des Rekonstruktionsprozesses in einer Art „Werkstattatmosphäre“, auf der gegenüberliegenden Seite sieht man das fertige Ergebnis. Die Inszenierung der Werkstattatmosphäre sieht pro Stadt einen Tisch mit Monitor vor. Auf den Tischen liegen Bücher zur jeweils präsentierten Synagoge sowie zum Thema Synagogen allgemein und zur NS-Zeit. Am Monitor können Gäste der Ausstellung die historischen Grundlagen und den Erstellungsprozess anhand einer interaktiven Bildschirmpräsentation betrachten. Auf einer Stelltafel ist eine Kurzübersicht über die Synagoge, die jüdische Gemeinde und das Schicksal ihrer Mitglieder zu lesen. Zusätzlich dokumentieren und veranschaulichen pro Stadt zwei sogenannte „Pinboards“ den vielschichtigen Arbeitsprozess der Studierenden. Jede Studierenden-Gruppe stellt die für sie wichtigen Dokumente, Fotografien, Pläne, eigene Skizzen etc. zusammen, die entsprechend eines „Schwarzen Brettes“ ohne sichtbare Ordnung abfotografiert und auf eine Tafel aufgezogen sind. Auf eine gegenüberliegende Wand projizieren dann Beamer die Außen- und Innenperspektiven der rekonstruierten Synagogen. Die Bilder, pro Synagoge ungefähr 20 Motive, wechseln ca. alle 10 Sekunden, so dass eine würdige, ruhige Abfolge entsteht.
Ergänzt wird diese Inszenierung durch die Präsentation von Filmen. Zum einen werden großformatig virtuelle Kamerafahrten gezeigt – Animationen von insgesamt einer Stunde Länge. Zum anderen verschiedene Dokumentarfilme: Der Film „Zerstörte Synagogen in Deutschland – Erinnerung aus dem Computer“ thematisiert die Geschichte der Synagogen in Deutschland und ihrer systematischen Zerstörung. Zeitzeugen und Repräsentanten von jüdischen Gemeinden in Deutschland erzählen, welch kulturellen Verlust die Zerstörung bedeutete. Szenen aus dem heutigen jüdischen Leben vom Kindergarten bis zum Gottesdienst paaren sich mit den Computerbildern der zerstörten Synagogen. Zu Wort kommen auch am Projekt beteiligte Studierende und Lehrende der TU Darmstadt.
Ein weiterer Film zeigt die Computer-Rekonstruktionen von Synagogen aus Berlin, Hannover, Köln, Dortmund und Plauen in Form von Simulationsfilmen im Kontext architekturspezifischer Informationen. Ergänzt wird das filmische Angebot durch Filme, die sich speziell einer einzelnen Synagoge widmen. So existieren Filme zu den Synagogen Dortmund, Langen, Mannheim, Mutterstadt, Nürnberg, Paderborn und Plauen.
Die Ausstellung präsentiert Computer-Rekonstruktionen von 20 Synagogen, die bis zu ihrer Zerstörung ein integraler Bestandteil der Stadtbilder von Bad Kissingen, Berlin, Darmstadt, Dortmund, Dresden, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Kaiserslautern, Köln, Langen, Leipzig, Mannheim, Mutterstadt, München, Nürnberg und Plauen waren. Als letzte Rekonstruktion kam 2017 die Synagoge Paderborn dazu. Neben den Projekten, die in studentischen Seminaren entstanden, sind auch Synagogen Bestandteil der Ausstellung, die von „Architectura Virtualis“ rekonstruiert wurden, einem offiziellen Kooperationspartner der TU Darmstadt und wissenschaftlich geleitet von Marc Grellert.
Ziel der Ausstellung ist es, den architektonischen Verlust und die städtebauliche Bedeutung der Synagogen im Kontext der Umstände ihrer Zerstörung zu vermitteln. Gleichzeitig hat sie die Intention, sensibel für gesellschaftliche Ausgrenzung von „Minderheiten“ zu machen – ein Thema, das nach wie vor hohe Aktualität besitzt. Über die Verwendung moderner Medien, wie virtuelle Rekonstruktion und perspektivisch auch die Einbindung von Virtual Reality, sollen gerade junge Menschen angesprochen werden, sich diesen Themen auf eine andere Weise zu näheren.